Viktor Dostal … NUR DIE LIEBE ZÄHLT!

… Blitzsauber und blankpoliert steht das Auto, ein viertüriger grüner Praga Piccolo, Baujahr 1930, vor der Garage in Mährisch Schönberg. Zufrieden betrachtet Viki das Ergebnis seiner Arbeit. Schon seit ein paar Jahren darf er den Wagen seines Vaters waschen, und er tut es mit Begeisterung. Noch lieber fährt er mit und beobachtet, wie der Vater Gas gibt, damit der Motor schneller läuft, wie er die Kupplung tritt und sie spielen läßt, um die Verbindung zwischen Motor und Rädern zu unterbrechen – mal stärker, mal weniger, je nachdem –, wie er herauf- und herunterschaltet und bremst.

Viki weiß eine Menge über Autos. Er interessiert sich dafür, seit der Vater 1928 den ersten Wagen, einen offenen zweitürigen Praga Piccolo, kaufte, weil er als Arzt mit eigener Ordination oft unterwegs war.

Die Garagentür steht offen, der Schlüssel steckt. Kurz entschlossen setzt sich der Junge hinter das Lenkrad und läßt den Motor an. Seine Füße erreichen tatsächlich die Pedale; für einen Neunjährigen ist er relativ groß. Er tritt die Kupplung und legt den ersten Gang ein. Gas gibt er noch nicht, der Motor läuft auch so schnell genug. Langsam läßt er die Kupplung kommen, der Wagen setzt sich in Bewegung und rollt in die Garage hinein. Viki weiß, sie ist gerade einmal so groß, daß vorn zehn Zentimeter Platz zur Wand und hinten zehn Zentimeter zur Garagentür bleiben. Als sich das Auto der Mauer nähert, zieht er die Handbremse, gibt den Gang heraus, nimmt den Fuß von der Kupplung und stellt den Motor ab.

Der Wagen steht tatsächlich in der Garage, ist nirgends angestoßen, weder vorn noch an der Seite. Zufrieden schließt der Junge die Türe und geht ins Haus. Eine Weile später ruft der Vater beim Blick aus dem Fenster halb erstaunt, halb erschrocken: „Wo ist denn das Auto? Das Auto ist nicht mehr da!“

Viki, der gerade in der Nähe spielt, kann ihn beruhigen: „Es ist bereits in der Garage. Ich habe es hineingefahren.“

Mein Vater schimpfte nicht mit mir, doch er ermahnte mich: „Vikes, bei solchen Eigenmächtigkeiten kann eine Menge passieren!“ In seinen Augen aber sah ich einen gewissen Stolz. Diesen Moment werde ich nie vergessen.

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